Viele Coaches arbeiten als Coaches, weil sie fest davon überzeugt sind, dass Coaching dabei unterstützt, Menschen in ihren Veränderungsprozessen zu begleiten. Sie glauben an die Wirkung ihrer Prozessgestaltung und sind von dem Einsatz ihrer angewandten Methoden überzeugt. Prinzipiell ist das ganz wunderbar, wenn es einem gelingt, sich der nicht selten auch damit verbundenen Hoffnungen und Erwartungen an die einzelnen Coaching-Prozesse bewusst zu sein und diese gut im Blick zu haben.
Denn nichts ist schlimmer, als dass durch unbewusste Erwartungshaltungen Frust entsteht, wir alles in Frage stellen und an uns und unserer Arbeit zweifeln.
Vielmehr ist es sinnvoll, typische Fallstricke, die sich immer wieder im Rahmen von Coaching-Sitzungen zeigen, im Blick zu haben und sich immer wieder selbst zu überprüfen.
5 typische Fallstricke für Coaches
Daran erkennst du, wann du als Coach loslassen solltest
Fallstrick Nr. 1 Heldentum
Im Coaching begegnen wir immer wieder Menschen, die wahre Alltagshelden sind. Menschen, die andere Menschen unterstützen, die Orientierung geben, begleiten, zuhören und da sind. Menschen die großes leisten und im Dienste anderer stehen.
Doch was passiert, wenn wir uns als Coaches womöglich selbst als Held*innen im Coaching wahrnehmen? Der (unbewusste) Wunsch anderen zu helfen, kann so groß sein, dass wir unsere neutrale und begleitende Rolle verlassen und umschwenken. Auf einmal hören wir auf, gute Fragen zu stellen und werden ungefragt zu Lebensberater*innen.
Nicht selten zeigt sich da auch das eigene Ego, dass gerne mitverantwortlich für den Erfolg sein möchte und sich geschmeichelt fühlt, wenn Klient*innen nach der Coaching-Sitzung die Klarheit haben, wie es weitergeht und vom Coaching begeistert sind. Doch wenn wir das als unseren persönlichen Erfolg verbuchen, fangen wir unter Umständen sogar an, uns als Exper*innen anderer Leben zu fühlen.
Wir Coaches tun gut daran, uns daran zu erinnern: Wir sind nicht die Retter*innen unserer Klient*innen und unsere Klient*innen sind nicht die Opfer. Eine solche Annahme würde die Augenhöhe zwischen Coach und Klient*in mit einem Wimpernschlag zunichtemachen.
Deshalb müssen wir uns selbst immer wieder reflektieren und uns fragen: Lasse ich die Verantwortung für die inhaltliche Gestaltung bei meinen Klient*innen? Respektiere ich die Lösungen, die sie für sich finden und bin gänzlich offen für all das, was da kommt? Und fühle ich mich trotzdem gut, auch wenn in einer Coaching-Sitzung nicht gleich die große Wendung und Lösung erzielt wurde und kann ich es aushalten, dass einige Dinge etwas Zeit brauchen und dafür meine Ratschläge nicht vonnöten sind?
Fallstrick Nr. 2 Coaching als Mission
Würde es nicht allen Menschen viel besser gehen, wenn sie sich hin und wieder ein Coaching „gönnen“ würden? Welche Transformation ließe sich für jeden Einzelnen erreichen und vielleicht wäre die Welt sogar ein besserer Ort, wenn jede*r sich die Zeit nehmen würde, sich mal ganz in Ruhe mit sich selbst zu beschäftigen – natürlich unter professioneller Anleitung.
Doch wann wird aus der guten Idee Übereifer? Wann verlieren wir gute Lösungsmöglichkeiten jenseits eines gut aufgesetzten Coaching-Prozesses aus den Augen? Hier dürfen wir alle immer mal wieder innehalten und uns fragen: Coache ich noch oder missioniere ich schon?
Wenn wir so sehr möchten, dass Coaching funktioniert, ja es vielleicht versuchen zu beweisen, dann ist die Gefahr groß, dass wir uns verrennen.
Coaching hilft an vielen Stellen. Es unterstützt beispielsweise, Probleme zu bearbeiten, Gedanken zu entwirren, Verhaltensmuster zu erkennen und diese bei Bedarf zu verändern, Entscheidungen zu treffen und Konflikte zu bearbeiten, um sie dann zu lösen. Doch wir dürfen dabei als Coaches nie aus dem Blick verlieren, worum es dabei wirklich geht. Nicht unsere Performance steht im Vordergrund, sondern das, was unsere Klient*innen gerade brauchen.
Fallstrick Nr. 3 Coaching als Einnahmequelle
Vermutlich arbeitest du in erster Linie als Coach, weil du es gerne tust und davon überzeugt bist, dass du mit deiner Arbeit etwas bewegen kannst.
Und sicherlich willst und musst du damit auch Geld verdienen. Und wieso auch nicht. Coaching ist eine Dienstleistung und darf entsprechend vergütet werden.
Mitunter kann jedoch die „Not des Geldverdienens“ dazu führen, dass jede*r neue Klient*in dankend angenommen wird, egal ob das Thema passt oder noch wichtiger, die Sympathie zwischen Coach und Klient*in stimmt. Das kann ein großer Fehler sein, wenn man dabei berücksichtigt, dass der Erfolg eines Coaching-Prozesses zum großen Teil von der Beziehung zwischen Coach und Klient*in abhängt.
Geld verdienen ja, auf jeden Fall, aber um jeden Preis (auch nicht für jeden Preis) nein, auf keinen Fall!
Im Coaching Club zeigen wir dir, wie du dir ein Coaching-Business so aufbaust, dass du nicht jede*n Klient*in annehmen musst und trotzdem gut davon leben kannst.
Fallstrick Nr. 4 Die eigenen Themen im Coaching
„Jeder hat sein Päckchen zu tragen“ wie es so schön heißt…
Auch Coaches haben oftmals Themen, die zum Teil noch unbearbeitet sind und sich immer mal wieder zeigen. Deshalb dürfen wir besonders achtsam sein, wenn es darum geht, unsere eigenen Themen nicht auf unsere Klient*innen zu übertragen und womöglich anfangen, in ihnen nach unserer eigenen Lösung zu suchen.
Um so klarer wir uns über unsere eigenen (Trigger-)Themen sind, umso einfacher können wir uns und unsere Klient*innen davor schützen.
Wenn wir spüren, dass wir uns bei bestimmten Themen mehr einbringen als bei anderen, eben weil sie etwas mit uns zu tun haben, gilt es, sich zurückzunehmen und loszulassen. So vermeiden wir, eigene „Karten“ mit ins Spiel zu bringen.
Mach auch regelmäßig die „Los-lass-Probe“ und frage dich: Mache ich diesen Prozess noch für meine*n Klient*in oder für mich?
Nimm dir regelmäßig die Zeit, dich und deine eigene Arbeit zu reflektieren und such dir ggf. auch Hilfe in einer Supervision. Im Coaching Club finden 2x im Monat Gruppen-Supervisionen statt, in denen du solche Situationen gut besprechen kannst.
Fallstrick Nr. 5 Das Reiseziel aus den Augen verlieren
Deine Klient*innen geben das Coaching-Ziel vor, auch wenn wir mitunter erst einmal mit ihnen gemeinsam daran arbeiten, für sich ein Ziel zu definieren.
Wenn dann eins oder mehrere gefunden sind, ist es unsere Aufgabe, unsere Klient*innen darin zu unterstützen, diese auch zu erreichen.
Was jedoch nie passieren sollte, ist, unseren Klient*innen ein Ziel aufs Auge zu drücken, weil wir denken, wir hätten „verstanden“ worum es geht.
Ein Fallstrick im Fallstrick ist hier der laufende Coaching-Prozess. Vielleicht befinden wir uns gemeinsam mit dem*der Klient*in auf dem Weg zum Ziel, während uns auffällt: Oh, da gibt es ja noch ein Thema, das wir bearbeiten könnten. Und ohne, dass der*die Klient*in es bemerkt, nehmen wir eine kleine Abbiegung und bearbeiten beispielsweise Glaubenssätze, obwohl sich Klient*in eigentlich Klarheit über den beruflichen Weg gewünscht hat.
Wenn uns ein neues Thema auffällt, müssen wir es natürlich auch nicht für uns behalten. Wir sollten es ansprechen und somit transparent machen. Wir sollten unsere Klient*innen fragen, ob sie an diesem neuen Thema jetzt arbeiten möchten, oder ob wir auf unsere ursprüngliche „Reiseroute“ wieder zurückzukehren sollen.
Sich immer wieder bewusst zu machen, als Coach keine Ahnung zu haben, was für Klient*innen das Beste ist und dass sie die Expert*innen für ihr Leben sind, ist für eine professionelle Prozessbegleitung enorm wichtig. Das gelingt am besten, wenn wir darauf achten, in einem offenen und neutralen Fragemodus zu bleiben.
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